Deiche, Schutzmauern und Gewässerausbauten schützen einzelne Objekte oder auch ganze Gebiete vor Hochwasser. Sie sind trotz der Eingriffe in Natur und Landschaft sowie in die städtebauliche Struktur für den Hochwasserschutz und die Schadensminimierung erforderlich. Jedoch bieten sie nur Schutz bis zum Bemessungshochwasser, also dem Hochwasser, das der Gestaltung der Hochwasserschutzanlage zu Grunde gelegt wurde.
Die Hochwasserschutzanlagen zur Sicherung der Städte Bremen und Bremerhaven bestehen aus Erddeichen, Hochwasserschutzwänden, Sturmflutsperrwerken und sonstigen technischen Anlagen. Diese wurden bzw. werden von den Deichverbänden in Bremen, Bremenports und dem Land Bremen erstellt und unterhalten. Diese Hochwasserschutzanlagen sind auf Grundlage der Erkenntnisse der Sturmfluten in den Jahren 1954 und 1962 bzw. des Oberwasserereignisses 1981 und des Generalplans Küstenschutz Niedersachsen/Bremen – Festland (NLWKN, März 2007) gebaut worden.
Der Großteil der Bremer Schutzlinie besteht aus Erddeichen. Die tide-beeinflussten Seedeiche sind anspruchsvolle technische Bauwerke. Anders als tidefreie Flussdeiche oder Kanalseitendämme werden sie nur kurzzeitig belastet, wenn die Sturmflut ihren Scheitel erreicht, dafür sind sie aber zusätzlich dem Wellenangriff ausgesetzt.
Typische Konstruktionsmerkmale der Bremer Hauptdeiche sind :
Je nach örtlichen Bedingungen sind diese Einzelelemente anzupassen und für die Funktionalität der Anlage sorgfältig aufeinander abzustimmen. Gerade im städtischen Umfeld sieht daher kein Deich wie der andere aus, und die jeweiligen Konstruktionsdetails sind für Laien oft nur schwer erkennbar.
Fluss- und Seedeiche bieten nur Sicherheit vor Hochwasser, wenn alle Schichten und Bestandteile des Bauwerks unbeschädigt sind. Selbst kleinere, auf den ersten Blick unbedeutende Schäden können sich im Fall eines Hochwassers ausweiten und der Ausgangspunkt für ein Versagen des Deiches sein.
Um Schäden oder Schwächungen frühzeitig zu erkennen, führen die Deichverbände gemeinsam mit den Experten und Expertinnen der Senatorin regelmäßig Begehungen durch und inspizieren im Rahmen einer Deichschau alle für die Funktion wichtigen Bestandteile.
Schwächende Einflüsse
Der beste wirtschaftliche und natürliche Schutz für den Deichkörper ist eine fest verwurzelte, dauerhafte, geschlossene und dichte Grasnarbe auf den Böschungen. Selbst stark beanspruchten Flächen, wie z. B. die wasserseitige Böschung, sind außer durch mögliche technische Sicherungen durch eine dauerhafte und geschlossene Grasnarbe meist ausreichend geschützt.
Ein großes Problem an Seedeichen sind bei Sturmfluten angespülte Pflanzenreste und Müll (Teek), die für die Grasnarbe des Deiches schädlich sind. Unter einer Teekdecke erstickt das Gras und wird durch krautigen Bewuchs ersetzt. Außerdem können tierische Schädlinge, vor allem Mäuse, im lockeren Schwemmgut Unterschlupf finden. An allen Deichen sind wühlende Kleintiere eine Gefahr, wenn diese Gänge in den Deichkörper graben. Diese Hohlräume, die bis tief in den Kern reichen können, begünstigen bei einer Hochwasserbelastung starke Sickerströmungen und innere Erosion.
Großbewuchs auf Deichen kann an den Wurzeln innere Erosion begünstigen. Noch problematischer ist das Entwurzeln von Bäumen durch Wind, welches einen Krater als Versagensstelle hinterlässt. Es dürfen folglich keine Bäume auf und unmittelbar neben Deichen vorhanden sein.
Durchströmung
Bei Hochwasser wird der Deich durch das hoch anstehende Wasser belastet. Im Vergleich zum Fluss- oder Meeresspiegel liegt der Grundwasserspiegel im Hinterland meist deutlich tiefer. Es besteht ein Wasserdruckunterschied zwischen Land- und Wasserseite des Deichs. Im Deichkörper erfolgt die Angleichung zwischen beiden Drücken. Da die Deichbaumaterialien (besonders Sand, aber auch Klei und Ton) technisch gesehen nicht vollkommen dicht sein können, kommt es immer zu einer landeinwärts gerichteten Wasserströmung durch den Deich. Mit Hilfe der vergleichsweise dichten, bindigen Materialien wird diese Strömung aber so sehr verlangsamt, dass im Regelfall keine Schäden entstehen. Die Grenze zwischen durchströmtem und nicht durchströmtem Deichmaterial wird als Sickerlinie bezeichnet und stellt sich meist in Form einer leicht geschwungenen Linie zwischen dem Hochwasser- und dem Grundwasserspiegel ein. Durch eine Deichfußdrainage kann sichergestellt werden, dass die Sickerlinie nicht in der Deichrückseite endet, was dort einen Wasseraustritt bedeuten würde. Das Sickerwasser wird stattdessen durch die Drainage sicher abgeleitet und Erosion durch einen Filteraufbau verhindert.
Die immer vorhandene Strömung von Wasser im Deich und im Untergrund kann im Zusammenspiel mit schadhaften Stellen zu einem Deichbruch führen. Es gibt mehrere Mechanismen, die zum Teil gemeinsam wirken und ein Versagen des Deiches oder der Hochwasserschutzanlage verursachen können.
Hier finden Sie Videosequenzen zur Erläuterung verschiedener Versagensarten von Deichen: Überströmung, hydraulischer Grundbruch und Böschungsbruch (landseitig).
Innere Erosion und Böschungsbruch
Bei innerer Erosion führt die Wasserströmung im Deich dazu, dass kleinste Bodenkörner gelöst und mit dem Wasser abtransportiert werden. Es entstehen immer größer werdende Hohlräume, die den Deich weiter schwächen. Sichtbar wird diese Erosion durch abbrechende Teile der luftseitigen Böschung.
Die Gefahr eines Deichbruchs durch innere Erosion besteht nicht nur, wenn das Hochwasser seinen Scheitel erreicht hat, sondern besonders bei einem schnell fallenden Wasserspiegel nach dem Hochwasser (dem sogenannten „Sunk“). Das im Deich befindliche Wasser strömt dann aus dem Deich heraus und erzeugt Böschungsbrüche auf der Wasserseite. Gänge von Wühltieren begünstigen die innere Erosion stark.
Hydraulischer Grundbruch und Piping
Aufgrund des hochwasserbedingten hohen Wasserdruckunterschieds zwischen den beiden Seiten des Deichs strömt Wasser in den grundwasserleitenden Schichten unterhalb des Deichs landeinwärts. Abdichtende Auelehmschichten im Hinterland können durch den Wasserdruck angehoben werden und plötzlich aufbrechen oder -reißen, was als hydraulischer Grundbruch bezeichnet wird. Das austretende Wasser („Qualmwasser“ genannt) erodiert meist feine Bodenkörner, die um die Aufbruchstellen herum zu Trichtern aufgeschwemmt werden. Von einer Aufbruchstelle aus schreitet die Erosion rückwärts durch den Boden in Richtung der Wasserseite des Deichs („rückschreitende Erosion“). Dabei bilden sich röhrenförmige Hohlräume, weshalb dieser Mechanismus auch „Piping“ (vom englischen Wort pipe für Röhre, Rohrleitung) genannt wird.
Erosion der Böschungsoberflächen
Durch Wellen überströmendes Wasser kann die Landseite des Deichs erodieren, wenn keine intakte Grasnarbe vorhanden ist. Auf der wasserseitigen Böschung können Wellenschlag, Geschiebe und Eisschollen ebenfalls zu einem Abtrag von Deichmaterial führen. Solche Effekte werden durch Einbauten und Gehölze noch verstärkt. Das über- oder durchströmende Wasser kann Auskolkungen zurücklassen, die mitunter langfristig als Brack (kleiner See) erhalten bleiben.
Hochwasserschutzwände als eigenständige Hochwasserschutzanlagen kommen in der Regel dort zur Ausführung, wo die Errichtung eines Deiches nicht gewollt, nicht möglich oder unverhältnismäßig ist. Hochwasserschutzwände können auch in Kombination mit Deichen zur Anwendung kommen.
Hochwasserschutzwände können entsprechend der örtlichen Bedingung sehr unterschiedlich ausgeführt werden: das Bauwerk kann aus Stahlspundwänden, Betonkonstruktionen (Winkelwände, Bohrpfahlwände, etc.) oder Mauerwerk bestehen. Optische Gestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig, sofern sie die Unterhaltung nicht erschweren und die Funktionalität nicht einschränken.
Deichscharte oder Deichtore sind verschließbare Öffnungen im Deich oder in einer Hochwasserschutzwand, durch die ein Weg, eine Straße oder auch eine Eisenbahnlinie führen. Sie werden dann angelegt, wenn man den Verkehrsweg nicht über die Deichkrone führen kann oder will.
Die Deichscharte werden durch Tore gesichert. Die Klapp-, Stemm- oder Schiebetore werden bei drohenden Sturmfluten geschlossen. Das muss möglichst einfach, versagensfrei und mit wenig Personaleinsatz geschehen können. Die für den Hochwasserschutz Verantwortlichen sind bemüht, möglichst wenig Tore in einer Hochwasserschutzlinie zu haben, da diese im Einsatzfall Personal binden und trotz aller Umsicht immer ein technisches oder menschliches Versagensrisiko bergen.
Mithilfe von Sperrwerken in der Nähe der Mündung wird in Tidegewässern das Binnenland geschützt und vor Sturmfluten abgesperrt. Im Normalfall kann das Wasser mit den Gezeiten ungehindert hinein- und wieder herausfließen. Steigt der Wasserstand bei einer Sturmflut über ein gewisses Maß, werden die Tore und Segmente des Sperrwerks geschlossen, bis die Flut abebbt und der Wasserstand auf beiden Seiten wieder angeglichen ist.
Durch die damit verbundene Verkürzung der Deichlinie werden bei den Deichen Bau-und Unterhaltungsaufwand reduziert. Wesentlich ist, dass oberhalb des Sperrwerkes ausreichend Speicherraum vorhanden ist, damit bei geschlossenen Toren der Oberwasserzufluss zurückgehalten werden kann. Ist dieser Speicherraum nicht vorhanden, muss das Wasser durch Schöpfwerke abgepumpt werden.
Das Land Bremen wird durch vier Sperrwerke vor Sturmfluten geschützt: das Sturmflutsperrwerk in der Geeste in Bremerhaven, das kurz vor der Sturmflut 1962 fertiggestellt worden war und damals seine erste Bewährungsprobe hatte, und die seit 1979 in Betrieb befindlichen Sturmflutsperrwerke in Lesum, Ochtum und Hunte, die die Gefährdung der Stadt Bremen über die Lesum/Wümmeniederung und über die Ochtumniederung erheblich reduzieren.
Unter Deichverteidigung werden alle bautechnischen Notmaßnahmen zur Gewährleistung der Deichsicherheit gegen ein Deichversagen verstanden. Deichverteidigung setzt schon vor einem sich abzeichnenden oder eingetretenen Schaden ein: alle Bereiche einer Hochwasserschutzanlage werden vor und während eines Hochwasserereignisses laufend kontrolliert.
Die Anlagen müssen für die jederzeitige und lückenlose Überwachung leicht zugänglich sein, damit Einsatzkräfte gefahr- und problemlos zur Einsatzstelle gelangen können. Daher werden schon bei den regelmäßigen Deichschauen kritische Punkte identifiziert und beseitigt: versperrte Zufahrten, hindernde Zäune, Einbauten oder Engstellen durch Bauwerke am Deichverteidigungsweg, Gefahren durch Astbruch / Bäume, etc..